Erbe abtreten: Diese Möglichkeiten haben Sie

Infos zu Erbe abtreten
Als rechtmäßiger Erbe können Sie Ihren Anteil am Nachlass abtreten.

Wenn Sie etwas geerbt haben, können Sie frei über Ihren Erbteil entscheiden. Denn Ihr Anteil am Nachlass gehört Ihnen. Deshalb können Sie die Vermögenswerte behalten und nutzen. Aber genauso gut können Sie das Erbe an einen Dritten abtreten. Das ist möglich, indem Sie Ihren Erbteil verschenken, eintauschen oder verkaufen. Doch wenn Sie Ihr Erbe abtreten möchten, müssen Sie neben den gesetzlichen Regelungen auch einige formale Dinge beachten. Wir erklären, wann und wie eine Übertragung des Erbes funktioniert und welche Folgen sie hat.

Mal ist ein Erbe wirtschaftlich so gut aufgestellt, dass er den Erbteil, der ihm zusteht, gar nicht braucht. Ein anderer Erbe möchte vielleicht, dass alles beim Alten bleibt oder ein Verwandter, der eher auf den Nachlass angewiesen ist, seinen Erbteil bekommt.

Wieder ein anderer Erbe hat möglicherweise keine Lust auf langwierige Diskussionen mit der Erbengemeinschaft. Oder er möchte seinen Erbteil möglichst schnell zu Geld machen. Es kann verschiedene Gründe geben, warum ein Erbe darüber nachdenkt, seinen Anteil am Nachlass abzutreten.

Als rechtmäßiger Erbe ist es Ihre Entscheidung, was Sie mit Ihrem Erbteil machen. Allerdings müssen Sie die gesetzlichen Regelungen beachten, die für das Übertragen eines Erbteils gelten. Sonst kann es passieren, dass Ihre Vereinbarungen dazu, dass Sie Ihr Erbe abtreten, nichtig sind. Wir erklären, welche Möglichkeiten Sie haben.

Das Erbe schon vor dem Eintritt des Erbfalls abtreten

Wenn Sie genau wissen, dass Sie Ihren Erbteil später an einen anderen Erben abtreten werden, können Sie die Übertragung schon im Vorfeld vereinbaren. Das ist möglich, auch wenn der Erblasser noch lebt und der Erbfall noch kein Thema ist.

In § 311b Abs. 4 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist zwar geregelt, dass zu Lebzeiten des Erblassers keine Verträge über seinen Nachlass geschlossen werden können. Dort heißt es nämlich:

Ein Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlass eines noch lebenden Dritten.

Allerdings schränkt das Gesetz das Verbot gleich im nächsten Absatz wieder ein. Denn § 311b Abs. 5 BGB besagt:

Absatz 4 gilt nicht für einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil eines von ihnen geschlossen wird.

Die Personen, die zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören, können also schon vor dem Eintritt des Erbfalls einen Vertrag schließen und darin wirksam vereinbaren, was mit den einzelnen Erbteilen passiert.

Ein Beispiel: Sie haben eine Schwester. Nun können Sie sich per Vertrag dazu verpflichten, Ihren Erbteil an Ihre Schwester abzutreten, wenn der Erbfall eintritt. Im Gegenzug kann sich Ihre Schwester dazu verpflichten, Ihnen für den Erbteil einen bestimmten Geldbetrag auszuzahlen. Aber genauso können Sie vereinbaren, dass Sie Ihrer Schwester Ihren Anteil am Erbe unentgeltlich überlassen oder gegen eine andere Leistung abtreten.

Die Voraussetzungen

Damit ein Vertrag, der den Nachlass noch zu Lebzeiten des Erblassers regelt, wirksam werden kann, müssen die Vertragspartner zunächst einmal gesetzliche Erben sein. Sie können den Vertrag also nicht mit zum Beispiel einem Freund des Erblassers schließen, von dem Sie wissen, dass er etwas erben soll. Denn dieser Freund ist kein gesetzlicher Erbe und hat keinen Anspruch auf einen gesetzlichen Erbteil oder Pflichtteil.

Die Vereinbarung regelt auch keine vorweggenommene Erbfolge. Der künftige Erblasser hat mit dem Vertrag nämlich nichts zu tun. Er bestimmt weder, wie die Erbteile aufgeteilt werden noch wer seinen Erbteil an wen übertragen soll. Der Vertrag kommt rein zwischen den künftigen, gesetzlichen Erben zustande.

Die zweite Voraussetzung ist die notarielle Beurkundung des Vertrags. Setzen Sie selbst eine Vereinbarung auf, die Sie und Ihre Vertragspartner unterschreiben, ist der Vertrag ungültig. Er wird nur dann wirksam, wenn ein Notar den Vertrag beurkundet. Das ist gesetzlich so vorgeschrieben.

Das Erbe nach dem Eintritt des Erbfalls abtreten

Ist der Erbfall eingetreten und sind Sie dadurch zum Erben geworden, können Sie mit Ihrem Erbteil machen, was Sie wollen.

Sind Sie nicht der alleinige Erbe, sondern gibt es mehrere Erben, gehört der Nachlass zwar zunächst der ganzen Erbengemeinschaft. Sie können deshalb nicht entscheiden, was mit einzelnen Teilen oder Gegenständen aus dem Nachlass wird. Erst nach der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft werden Sie zum Eigentümer Ihres Erbteils. Und über diesen Erbteil können Sie dann nach § 2033 Abs. 1 BGB frei verfügen.

Übrigens: Auseinandersetzung ist im Zusammenhang mit einer Erbschaft kein negativer Begriff. Es geht nicht darum, dass Sie sich mit Ihren Miterben um den Nachlass streiten. Als Auseinandersetzung wird nur bezeichnet, dass der Nachlass unter den Mitgliedern der Erbengemeinschaft aufgeteilt wird. Wenn ein Verstorbener mehrere Personen beerbt, die zusammen zu einer Erbengemeinschaft werden, findet deshalb immer eine Auseinandersetzung statt. Und dabei wird der Nachlass auseinandergesetzt.

Ist der Nachlass aufgeteilt, können Sie Ihren Anteil am Erbe an einen Dritten abtreten. Ob Sie den Erbteil dann verschenken, eintauschen oder verkaufen, bleibt Ihnen selbst überlassen. Und auch an wen Sie das Erbe abtreten, entscheiden Sie. So können Sie Ihren Erbteil an einen anderen Erben oder einen Verwandten übertragen. Aber genauso gut können Sie Ihren Erbteil auch einen fremden Dritten veräußern.

Die formalen Vorgaben

Wenn Sie sich dafür entscheiden, Ihren Erbteil an einen Dritten außerhalb der Erbengemeinschaft zu verkaufen, haben Ihre Miterben ein Vorkaufsrecht. Dieses Vorkaufsrecht ist gesetzlich geregelt und zwar durch § 2034 BGB.

Sie können Ihre Miterben also nicht einfach so umgehen. Denn der Gesetzgeber möchte die Erben durch diese Regelung davor schützen, dass Fremde ohne ihr Wissen in die Erbengemeinschaft eintreten und vom Familiennachlass profitieren.

Das Vorkaufsrecht besteht zwei Monate lang. In dieser Zeit können sich Ihre Miterben überlegen, ob sie Ihnen Ihren Erbteil abkaufen wollen. Findet sich unter den Miterben kein Käufer, können Sie Ihren Anteil am Erbe durch Verkauf abtreten, an wen Sie wollen.

Allerdings gilt das Vorkaufsrecht nur, wenn Sie Ihren Erbteil tatsächlich verkaufen. Möchten Sie Ihren Anteil am Nachlass eintauschen oder verschenken, haben die Miterben kein Mitspracherecht.

Die Übertragung Ihres Erbteils bedarf der notariellen Beurkundung. Sie können also nicht selbst einen Vertrag oder eine Vereinbarung aufsetzen. Das muss ein Notar machen. Außerdem müssen Sie neben Ihren Miterben auch das zuständige Nachlassgericht darüber informieren, dass Sie Ihr Erbe abgetreten haben.

Achtung: Dass Sie Ihr Erbe durch einen Verkauf, einen Tausch oder eine Schenkung abtreten, heißt letztlich nur, dass Sie die Vermögenswerte an einen Dritten übertragen. Ihre Rechtsstellung als Erbe bleibt aber erhalten. Sie sind und bleiben also nach wie vor Erbe und haften als solcher zum Beispiel für Verbindlichkeiten aus dem Nachlass.

Das Erbe durch Abschichtung abtreten

Die dritte Möglichkeit, wie Sie Ihr Erbe abtreten können, ist die sogenannte Abschichtung. Sie ist möglich, wenn Sie Ihren Erbanteil auf die Miterben übertragen möchten. Bei einer Abschichtung erklären Sie, dass Sie auf Ihre Rechte als Mitglied der Erbengemeinschaft verzichten. Sie scheiden dadurch aus der Erbengemeinschaft aus und Ihr Erbanteil wird anteilig auf die übrigen Miterben verteilt.

Die Abschichtung als Begriff geht auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1998 zurück (Az. IV ZR 346/96). Damals bejahten die Richter diese Form der persönlichen Auseinandersetzung bei der Aufteilung des Nachlasses, durch die ein Erbe gegen Zahlung einer Abfindung aus der Erbengemeinschaft ausscheiden kann.

Dabei verzichtet der Erbe aber nicht auf seinen Erbteil, sondern auf die Rechte daran. Das hat zur Folge, dass es zu einer sogenannten Anwachsung nach § 2094 BGB kommt. Anwachsung heißt, dass sich die Erbanteile der anderen Erben im Verhältnis zu ihren eigenen Erbanteilen erhöhen.

Ein Beispiel: Eine Erbengemeinschaft besteht aus zwei Personen, die zu gleichen Teilen erben. Ein Miterbe entscheidet sich dazu, sein Erbe durch Abschichtung an den anderen Miterben abzutreten. Durch die Anwachsung wird dieser Miterbe dann zum Alleinerben.

Als Gegenleistung für den Verzicht auf das Erbe wird bei einer Abschichtung meist eine Abfindung vereinbart. Wie hoch diese Abfindung ausfällt, können die Erben untereinander frei aushandeln.

Möchten Sie Ihren Anteil am Erbe abtreten, können Sie im Rahmen der Abschichtung natürlich auch komplett auf eine Abfindung oder eine andere Gegenleistung verzichten. Nur sollten Sie bedenken, dass Sie zwar die Rechte an den Vermögenswerten übertragen, aber trotzdem Erbe bleiben. Auch wenn Sie mit dem Erbe eigentlich nichts mehr zu tun haben, haften Sie durch ihre Rechtsstellung als Erbe also weiterhin für Verbindlichkeiten.

Die Formalitäten

Die Vereinbarung über eine Abschichtung muss nicht in öffentlich beglaubigter Form erfolgen. Es genügt, wenn Sie selbst eine Erklärung aufsetzen und darin festhalten, dass Sie auf Ihre Rechte als Mitglied der Erbengemeinschaft verzichten. Gleichzeitig können Sie vermerken, ob und in welcher Höhe Sie im Gegenzug eine Abfindung erhalten. Die Beurkundung durch einen Notar ist im Normalfall nicht notwendig.

Ein Notar wird nur dann erforderlich, wenn Immobilien zum Nachlass gehören und die Erbengemeinschaft schon ins Grundbuch eingetragen wurde. In diesem Fall müssen Sie Ihren Austritt aus der Erbengemeinschaft notariell beurkunden lassen, damit der Grundbucheintrag korrigiert werden kann.

Außerdem ist eine notarielle Beurkundung notwendig, wenn Ihre Abfindung Immobilien oder Firmenanteile enthält. Doch selbst in diesen Fällen sind die Notarkosten deutlich niedriger, als wenn Sie Ihren Anteil am Erbe auf klassischem Wege abtreten.

Auf der anderen Seite bietet eine notarielle Beurkundung allen Beteiligten Sicherheit. Denn durch die offizielle Form ist zum einen ausgeschlossen, dass die Vereinbarung durch ungültige Vereinbarungen nicht wirksam werden kann. Und zum anderen ist gewährleistet, dass sich alle Mitglieder der Erbengemeinschaft dauerhaft an die Vereinbarung halten.

Das ist vor allem dann wichtig, wenn Sie Bedenken haben, ob Ihnen die Miterben die vereinbarte Abfindung auch wirklich auszahlen oder wenn es eine Klausel gibt, die Sie gegenüber Gläubigern von einer Haftung für Verbindlichkeiten aus dem Nachlass befreit.

Das Erbe abtreten und das Erbe ausschlagen ist nicht das Gleiche!

Dass Sie Ihr Erbe abtreten, bedeutet, dass Sie Ihre Rechte am Nachlass auf eine oder mehrere andere Personen übertragen. Dennoch sind und bleiben Sie rechtmäßiger Erbe.

Anders ausgedrückt heißt das: Sie müssen die Erbschaft erst einmal angenommen haben. Denn erst wenn Sie zum Erben geworden sind, können Sie entscheiden, was Sie mit Ihrem Erbteil machen wollen.

Im Unterschied dazu werden Sie erst gar nicht zum Erben, wenn Sie die Erbschaft von vorneherein ausschlagen. Auch diese Möglichkeit gibt es. Hat Ihnen der Verstorbene etwas vermacht, bleibt es nämlich ganz allein Ihre Entscheidung, ob Sie das Erbe annehmen oder ob Sie das Erbe ablehnen. Unter bestimmten Umständen, etwa wenn das Erbe hoch verschuldet ist, ist eine Erbausschlagung mitunter auch die bessere Lösung.

Wenn Sie das Erbe ausschlagen, haben Sie nichts mit dem Nachlass zu tun. Sie verzichten in diesem Fall komplett auf alle Rechte und Pflichten. Das gilt auch für den Pflichtteil, der Ihnen gesetzlich zustehen würde.

Wollen Sie die Erbschaft erst gar nicht antreten, müssen Sie aber selbst aktiv werden. Sie haben nämlich nur sechs Wochen Zeit, um Ihre Entscheidung zu erklären. Dafür müssen Sie persönlich zum zuständigen Nachlassgericht gehen und dort zur Niederschrift angeben, dass Sie das Erbe ausschlagen. Die andere Möglichkeit ist, dass Sie Ihre Erklärung von einem Notar aufsetzen lassen.

Hatte der Verstorbene seinen Wohnsitz im Ausland, verlängert sich die Frist von sechs Wochen auf sechs Monate. Unternehmen Sie nichts, gilt das Erbe nach Ablauf der Frist automatisch als angenommen. Nachträglich ablehnen können Sie die Erbschaft dann nicht mehr.

Haben Sie das Erbe ausgeschlagen, rückt derjenige nach, der nach der gesetzlichen Erbfolge oder laut Testament als nächstes erbt. Auch der Nachrücker hat wieder sechs Wochen Zeit, um zu überlegen, ob er das Erbe antritt oder nicht. Findet sich kein Erbe, erbt am Ende der Staat.